Konzepte & Gedanken im Fluß – Schriften zum o.i:






Geleit - Der Weg des Orpheus
(Anleitung & Einladung von Frater ZZ)

Die Gestalt des Orpheus - im Auge des Dichters

Orpheus - eine Gestalt der Mythe, Heiliger und Halbgott, Sinnbild des reinen Gefühls und der tiefen Romantik des Vergangenen. Beinahe vergessen heute, ist er ein Patron der Dichter & Sänger, ein Relikt an die Vorzeit der Künste und Philosophie. Er ist ein fragiler Mensch, rein an Körper und Seele, ein ewiger Archetypus. Doch sein Lied verklingt heute weithin ungehört & seine Schönheit bleibt unerkannt in der Mehrzahl der Augen.

So irrt er umher, ein Leidender in einer Welt der Gleichgültigen. Orpheus, der Sänger in einer ihm fremden, prosaisch gewordenen Welt, in der das wahre Gefühl verlorengegangen ist; ein Mensch, der versucht, der nackten Realität des Daseins in Träumen und Gesängen, Vision und Poesie zu entfliehen, was aber immer nur als temporäre Illusion gelingt; & umso kälter erscheint die Welt nach dem Erwachen. In den Städten findet er keine Zuflucht mehr, da die alten Ideale dort verloren sind... So ist auch der heilige Sänger verloren inmitten eines blinden Geschlechts, das weder Zukunft noch Vergangenheit erahnt.

Der Weg des Orpheus

Orpheus ist ein Einsamer, der nach einer Hand sucht, die ihn streichelt und hält; ein Liebender, der vergebens sucht nach Liebe, Schönheit und Halt. Er findet keine Ruhe in der äußeren Welt, denn er fühlt - dies ist eine Welt der Gleichgültigkeit.
Der Weg aus dem Kreislauf ist der Weg zurück: Die Bahnen des Chaos können nur durch den spirituellen Geist geordnet werden, der sie erkennt und darüber in höhere Sphären vordringt. Denn nur von dort kann die Schönheit und der Gleichlauf des großen Ganzen gesehen werden, die höhere Ordnung, die den Blinden, den Gleichgültigen verborgen ist.

Die orpheische Bruderschaft des O.I hat es sich zum Ziel gesetzt den Weg des Orpheus nachzuzeichnen,. Er steht uns für den Dichter, Denker, den Illuminierten in der heutigen Welt. Er ist - wie wir -Eremit in der Massengesellschaft, Überempfindsamer in der Schafherde. Zu fühlen die Traurigkeit und doch keinen Schritt bereuen, es nicht anders wollen... Zu fühlen dieVereinzelung und doch wissen: nicht allein zu sein!

Die Bruderschaft

So sehen wir all jene als große Familie, die mit uns den Weg des Orpheus gehen: Einen Clan der Verdammten!
All die Sehenden, Empfindenden, wahrlich an der Seele Leidenden - die aber willentlich diesen Weg gehen, um ihr Gefühl wiederherzustellen, es in Macht & Kraft der Einzigartigkeit umzusetzen, wollen wir ansprechen - und wir wissen von eurem Zustand:

Wir, die wir uns nicht verschließen vor dem wirklichen Draußen, hinter den Vorgängen der Illusion, sind zum Leiden bestimmt. Denn das seichte Glück an der Oberfläche der Anderen ist nicht bestimmt für uns, weil wir tiefer sehen, tiefer fühlen, tiefer leiden... Vor & in Glück & Liebe fühlen wir schon den künftigen Schmerz, beweinen ihr Fehlen & stets bereits ihren Verlust. Ahnend wissen wir um die Vergänglichkeit aller Dinge.
Doch siehe: Wir, die den Weg des Orpheus beschreiten, ziehen unsere Schlüsse daraus: das alles Poesie ist und versuchen umso intensiver die wunderbaren Augenblicke des Daseins zu nutzen, die den Sehenden wie goldene Schmetterlinge stets umwehen.

Und nichts bleibt uns in der Welt, als die Melancholie und Schönheit des Lebens anzuerkennen: in Demut vor unserem eigenen geringen Selbst und in Anerkenntnis des Todes. Und siehe da - wir fühlen uns befreit & sind ganz offen, die Magie des Moments in uns aufzunehmen, ganz von selbst, wie den Fluß des Atems.
Wer das einmal erlebt, wird das tiefe Geheimnis begreifen: dass wir immer schon durchdrungen waren von der zaubrischen Schönheit der tieferen Welten , doch wir waren blinde, ungeschliffene Linsen. Dies ist der Moment, da alles eins wird & unser von Schmerz verwundetes Herz zu erblühen beginnt, wie eine purpurne Blüte, doch dauerhaft und leuchtend wie blutgetränkter Kristall...

So folge auch Du im Wege des Orpheus, durch den Schmerz hin zum Glanz - auf dass du ein
Sehender werdest!

frater Z.7.7
in anno mmi